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BERICHT - Panorama der Schlacht von Murten

Am Dienstag, den 19. September 2023, luden wir unsere Mitglieder zu einem ganz besonderen Treffen ein: Einem Treffen, das sowohl Geschichte als auch Wissenschaft berührte, und dessen Gegenstand ein im 19. Jahrhundert gezeichnetes Panorama der Schlacht von Murten war.

Dieses gigantische, 10 m hohe und 100 m lange Gemälde wurde 1893 von dem deutschen Maler Louis (Ludwig) Braun entworfen und mit der Hilfe von 40 Assistenten realisiert, um es – so die ursprüngliche Absicht des Zürcher Initiantenkomitees – in einem Gebäude am Utoquai auszustellen und so eine panoramaartige Rekonstruktion der Schlacht vom 22. Juni 1476 der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Es vermittelt durch den Ausdruck der Bewegungen, die Beherrschung der Perspektiven wie auch durch die bemerkenswerte Liebe zum Detail eine eindrucksvolle Vorstellung vom Schock der Schlacht. Obwohl die dargestellten Waffen, Rüstungen und Banner einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten, so dient das Bild doch als wertvolle Quelle für das Geschichtsbild der neomittelalterlichen Romantik im ausgehenden 19. Jahrhunderts und ist somit von unverändert hohem historischem Wert.


Das Panorama wurde Ende der 1890er Jahre in Zürich und später in Genf aufgestellt; danach begab es sich auf eine zyklische Reise zwischen Verschwinden in Lagern und periodischer Wiederentdeckung, bevor es anlässlich der "Expo.02" in Murten wieder einem breiten Publikum ausgestellt wurde. Seitdem ist das Panoramabild wieder auf drei 800kg schweren Leinwandrollen aufgerollt und eine Stiftung sucht nach einem Standort und einer Finanzierung, um sie dauerhaft der Öffentlichkeit zu zeigen.

Und in diesem Zusammenhang kommt es zu einer Begegnung mit der Wissenschaft: Das Labor für Experimentelle Museologie an der EPFL, stets auf der Suche nach Objekten für die Entwicklung seiner Konzepte für virtuelle Ausstellungen und Augmented Reality, hat das Gemälde bald fertig digitalisiert, jedoch mit einer absolut phänomenalen Auflösung, die die Sehkraft des menschlichen Auges weit übersteigt. Das Ergebnis ist das grösste digitale Bild eines einzelnen Objekts, das je produziert wurde (1'600 Gigapixel); man kann beliebig zwischen den gesamten 1'000 m2 des Gemäldes und Details vom Ausmass einer Haaresbreite hin und her zoomen. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man über ausreichend leistungsfähige Geräte und Informatikwerkzeuge verfügt... Die enorme Datenmenge (die Fotographie eines einzigen Quadratmeters mit der Spezialkamera dauert jeweils eine Stunde, das digitale Rendering des Fotos hingegen 48) soll Trainingsgrundlage für Modelle der künstlichen Intelligenz (Computer Vision) werden, die eines Tages selbstständig digitale Bildrestaurationen vornehmen können sollen.

Unser Vorstandsmitglied, Dr. Daniel Jaquet, gab uns die Gelegenheit, einen Teil des Gemäldes aus der Nähe zu betrachten und das Ausmass der Digitalisierungsarbeit zu verstehen.

Es war also eine einzigartige Gelegenheit, Geschichte und Wissenschaft (nur mit den Augen...) zu berühren, in der Hoffnung, das Panorama bald wieder vollständig ausgerollt oder virtuell entfaltet zu sehen.

Dominique ANDREY

Cdt C (lib)

Président ASHSM/SVMM