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MEINUNG - Dufour und die permanente Befestigung

General Guillaume Henri Dufour (1797 - 1875) ist eine herausragende Persönlichkeit der Schweiz in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Neben seiner entscheidenden Rolle im Sonderbundskrieg leitete er bemerkenswerte Arbeiten im Bereich der Kartografie und der Festungsbauten, setzte sich für die Ausbildung der Armee ein und war einer der Gründer des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Er war auch ein fruchtbarer Autor; doch wer hat in letzter Zeit das eine oder andere seiner Werke gelesen?

Dufour veröffentlichte 1822, also vor genau 200 Jahren, ein Werk mit dem Titel "De la fortification permanente" - was man mit "Über permanente Befestigung" übersetzen könnte, obwohl das Buch nur auf Französisch erschienen ist.

Er war damals 35 Jahre alt, hatte eine Ausbildung und Erfahrung als Militäringenieur, die er in Frankreich während der Herrschaft von Napoleon I. erworben hatte, war seit 1817 Kantonsingenieur in Genf und in seiner Milizverwendung im eidgenössischen Generalstab seit 1819 Klassenlehrer für das Geniewesen an der zentralen Militärschule in Thun.

Das Thema seines Buches passt also gut zu seiner Karriere und der seinerzeitigen Anstellung. Aber ist das wirklich der Fall, und entspricht der Inhalt dem Titel? Ist das Buch so bemerkenswert, dass es in allen Biografien des späteren Generals zitiert wird?

Stellen wir uns zunächst die Frage nach den Gründen, die Dufour dazu bewogen haben könnten, ein Buch zu schreiben, denn dies ist nicht die übliche Tätigkeit eines Ingenieurs, und erst recht nicht eines Militärs.

Sicherlich war es der Wunsch, festzuhalten, was er während seiner Ausbildung an der Ecole polytechnique in Paris und an der Ecole d'application du génie et de l'artillerie in Metz gelernt hatte und was er dann bei seinen Einsätzen beim Festungskommando in Korfu und später in Lyon praktiziert hatte. Sein Wissen niederzuschreiben bedeutete auch, eine Bestandesaufnahme der Befestigungskunst zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorzunehmen, als seit 50 Jahren fast nichts mehr - zumindest auf Französisch - veröffentlicht worden war.

Dann gibt es den Willen, ja sogar das Bedürfnis und warum nicht auch das Vergnügen, zu schreiben und sein Wissen und seine Sicht der Dinge zu verbreiten. Dies tat er übrigens mehrmals in seinem Leben, mit einem "Handbuch für die praktischen Arbeiten im Felde - Mémorial pour les travaux de guerre" (1820), einer "Instruction sur le dessin des reconnaissances militaires" (1827) oder einem "Lehrbuch der Taktik - Cours de tactique" (1840).

Es gibt logischerweise den Gedanken, dass er mit der Schrift seinen Unterricht an der Zentralschule hätte unterstützen können, aber ich bin mir da nicht sicher, da das Buch etwas viel Größeres und Ehrgeizigeres beschreibt als das, was Milizoffiziere der Genietruppen zu künftig leisten sollten.

Dagegen steht sein Wille, seine Beherrschung des Themas im damaligen politisch-strategischen Kontext von Genf zu zeigen, im Zusammenhang mit den Streitigkeiten über die Erhaltung oder Zerstörung der Stadtbefestigungen und der Problematik der Verteidigung der neuen Kantons- und Bundesgrenzen.

Und schließlich stelle ich mir die Frage, ob es bei der Veröffentlichung und Verbreitung dieses Buches nicht die versteckte Absicht gibt, besser bekannt und anerkannt zu werden.

Und schließlich stelle ich mir die Frage, ob es bei der Veröffentlichung und Verbreitung dieses Buches nicht die versteckte Absicht gibt, besser bekannt und anerkannt zu werden.

Das Buch umfasst 385 Seiten Text und 25 Tafeln mit Illustrationen, oder besser gesagt Plänen. Das ist ziemlich umfangreich.

Dufour beschreibt darin zunächst die von Vauban und seinen Nachfolgern entwickelten Baumethoden, dann erklärt er, worauf man achten muss und was man verbessern kann. Er beschreibt detailliert, wie man die Stärke von Kriegsplätzen, verschanzten Lagern und Zitadellen erhöhen kann. Er stellt technische Überlegungen zur Eignung an das Gelände und zu Forts in Gebirgsregionen an. Und er gibt viele, viele Konstruktionsdetails an.

Sagen wir es offen - auch auf die Gefahr hin, die Bewunderer von Dufour zu brüskieren: Die Lektüre ist nicht fesselnd im eigentlichen Sinne! Sie ist technisch, präzise, detailliert ... also für den Laien abschreckend.

Aber dieses Buch ist auch keine Anleitung zum Bauen. Es ist vielmehr ein Überblick über mögliche Elemente, eine kritische Analyse von Vorgehensweisen und sogar ein Ideenkatalog für diejenigen, die ein bestehendes System unterhalten oder verändern müssen.

Ich bin der Meinung, dass dieses Buch "De la fortification permanente" in seiner Ausgabe von 1822 den damaligen Wissensstand, den "state of the art", gut darstellt. Man muss jedoch zugeben, dass dieser Stand der Dinge mit einigen Abweichungen dem Stand von 1700, dem Höhepunkt der Bastionenbefestigung, entspricht.

Dufour übernimmt und kompiliert darin das, was er in seinen Schulen gelernt und im Feld angewandt hat. Eines ist klar: Er ist und bleibt ein Anhänger Vaubans und steht den Ideen, die im 18. Jahrhundert theoretisiert wurden, ablehnend gegenüber.

Das Buch bleibt trotz allem ein technisches Werk. Es enthält kaum Überlegungen zu Gesamtkonzepten oder Argumente für oder gegen Befestigungen, wie es der Titel hätte andeuten können. Meiner Meinung nach ist es eher ein Buch für Ingenieure als für Strategen. Mit Ausnahme einiger weniger Passagen erklärt Dufour mehr das "Wie" als das "Warum".

Er bringt keine oder nur wenige originelle Lösungen, aus denen wir ableiten könnten, dass er einen neuen Stil der Befestigung geschaffen hat. Die präsentierten Lösungen werden jedoch mit Sorgfalt und Klarheit präsentiert.

Und schließlich vermisse ich einige tiefere Überlegungen zur Angemessenheit und Anpassung der Bauten an das Gelände, insbesondere im Hinblick auf die Topographie der Schweiz.

Aber warum spricht man dann heute noch an verschiedenen Orten in der Schweiz von "Dufourbefestigungen"? Dazu muss man das Jahrzehnt nach dem Erscheinen des Buches in den Blick nehmen. 1831 wurde Dufour neben General Guiger de Prangins zum Generalstabschef ernannt; sie mussten Studien und Pläne für die Verteidigung des Landes erstellen, das von Staaten umgeben war, die sich in liberalem oder konservativem Aufruhr befanden. In diesem Kontext ließ er während rund zwanzig Jahren Befestigungsarbeiten in St-Maurice, Gondo, Bellinzona, am St. Luzisteig und in Aarberg durchführen. Diese Bauten waren umfangreich, aber angesichts der verfügbaren Finanzen und des damaligen föderalistischen Militärsystems dennoch realistisch.

Vor allem sind sie viel pragmatischer und an das Gelände angepasster als im Buch beschrieben; hier hat Dufour tatsächlich als Festungsbauer gewirkt! Sie blieben bis Ende der 1860er Jahre in Betrieb und bieten auch heute noch ein interessantes bauliches Erbe.

Dennoch wurden sie, wie auch das Buch, relativ schnell mit taktischer und technischer Veralterung konfrontiert. Die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts ließ die Feuerkraft der Artillerie riesige Schritte nach vorne machen, was auf Kosten von gemauerten Bauten und offenen Stellungen ging. Die Bevölkerungsexplosion ließ die Städte wachsen, was zu Lasten der bestehenden Befestigungsgürtel ging. Die neuen Festungsanlagen wurden kompakter und besser gepanzert; es war vorbei mit den terrassierten Profilen und den bastionierten Trassen nach Vauban-Art.

Dufours Buch stellte also durchaus den Wissensstand von 1822 dar, aber dieser wurde in den folgenden Jahrzehnten revolutioniert; das Buch war also bald eher rückblickend als vorausschauend!

Das von Guillaume Henri Dufour 1822 verfasste Werk "De la fortification permanente" fand nicht die Resonanz, die der Autor hätte erwarten können; es war nicht strategisch genug, zu technisch und letztlich seiner Zeit nicht weit genug voraus. Es war zwar eine Zeit lang wegen seines didaktischen Wertes bekannt, geriet aber ziemlich schnell in relative Vergessenheit und wäre wahrscheinlich aus dem Gedächtnis verschwunden, wenn Dufour nicht die bekannte Karriere gemacht hätte. So blieb das Buch am Lebenslauf des Generals haften, und der Titel ist bis heute erhalten geblieben; der Inhalt ist mittlerweile viel unbekannter geworden...!

Hätte Dufour es später geschrieben, mit mehr strategischer, technologischer und persönlicher Erfahrung, wäre das Schicksal des Werks vielleicht anders ausgefallen!

Dominique Andrey, Korpskommandant a D, Präsident SVMM.
(N.B. als Bauingenieur ausgebildet und aus den Festungstruppen herausgegangen...)

Dominique ANDREY

Cdt C (lib)

Président ASHSM/SVMM